Erfurt. Die Änderungskündigung ist das Mittel der Wahl, wenn eine Änderung der Tätigkeit durch einseitige Weisung des Arbeitgebers gem. § 106 S. 1 GewO nicht mehr zulässig ist. Möchte der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer eine andere als die im Arbeitsvertrag beschriebene Tätigkeit zuweisen, und dabei den arbeitsvertraglich vereinbarten Rahmen verlassen, bedarf es hierzu einer Änderungskündigung gem. § 2 S. 1 KSchG.
Wie ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts neuerlich gezeigt hat, gilt es für Arbeitgeber jedoch darauf zu achten, keine „überflüssigen" Änderungskündigungen auszusprechen. Unter Umständen kann die Tätigkeitsänderung schon dadurch erreicht werden, dass er von seinem Direktionsrecht Gebrauch macht.
In dem vom Bundesarbeitsgericht zu entscheidenden Fall hatte der Arbeitgeber eine Änderungskündigung ausgesprochen, und der Arbeitnehmerin in diesem Zusammenhang eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses „im Verkauf" angeboten. Zuvor war die Arbeitnehmerin in der zentral organisierten Preisauszeichnung tätig gewesen. Das BAG warf die Frage nach der Notwendigkeit der Änderungskündigung auf, da in dem schriftlichen Arbeitsvertrag der Parteien eine Tätigkeit als Verkäuferin vereinbart gewesen war. Insofern hätte die Versetzung der Arbeitnehmerin in den Verkauf sich im Rahmen der vertraglichen Abrede gehalten. Die Änderungskündigung sei deswegen insoweit überflüssig.
Der Senat konnte dennoch nicht abschließend klären, ob die Änderungskündigung tatsächlich überflüssig war. Denn die Arbeitnehmerin berief sich darauf, dass sich die vereinbarte Arbeitszeit von 38 Wochenstunden auf die Tage von Montag bis Freitag verteilen sollte. Bei einer Beschäftigung im Bereich Verkauf sei sie hingegen von Montag bis Samstag zur Arbeit verpflichtet. Wegen dieser Veränderung von Lage und Verteilung der Arbeitszeit habe es einer Änderungskündigung bedurft.
Der Rechtsstreit wurde zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das LAG Köln zurückverwiesen. Das LAG hatte nicht festgestellt, ob die Bestimmung über die Verteilung der Arbeitszeit noch dem Direktionsrecht des Arbeitgebers gem. § 106 S. 1 GewO unterfiel.
Hinzu kam noch, dass die klagende Arbeitnehmerin Ersatzmitglied des Betriebsrates war. Sollte das LAG zu dem Ergebnis kommen, dass die Versetzung der Arbeitnehmerin einer Änderungskündigung bedurfte, müsse es daher weiter prüfen, ob der Arbeitnehmerin der Kündigungsschutz nach § 15 Abs. 1 KSchG in Verbindung mit § 103 BetrVG zugutekommt. Denn die Arbeitnehmerin hatte am gleichen Tag, an dem ihr die Änderungskündigung zugegangen war, eine Einladung zu einer Betriebsratssitzung erhalten, an der sie zwei Tage darauf auch teilnahm. Möglicherweise sei die Klägerin dadurch gem. § 25 Abs. 1 S. 2 BetrVG nachgerückt.
Dieser Fall der vom BAG sogenannten überflüssigen Änderungskündigung zeigt sehr deutlich, wann eine Änderungskündigung notwendig ist. Nämlich dann, wenn eine Veränderung der Beschäftigung nicht mehr durch die Ausübung des Direktionsrechts einseitig bestimmbar ist. Sowohl hinsichtlich der Art der Tätigkeit, als auch hinsichtlich des Beschäftigungsortes und der Arbeitszeit muss sich der Arbeitgeber bei der Ausübung seines Weisungsrechts stets im Rahmen des im Arbeitsvertrag Vereinbarten halten. Schließlich zeigt der Fall damit auch, dass Arbeitgeber schon bei der Gestaltung der Arbeitsverträge vorausschauende und differenzierte Entscheidungen treffen muss. Das gilt nicht nur für die Tätigkeitsbeschreibung, sondern auch für etwaige Versetzungsvorbehalte oder vertragliche Regelungen in Bezug auf die Arbeitszeit.
Die Entscheidung: BAG, Urteil vom 19.7.2012, Az.: 2 AZR 25/11.
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